"The Sweetest Perfection..." - ein Album für die Ewigkeit?
Die nette kleine Facebookgruppe "The Real Fans of Depeche Mode" (sic!) feierte einst im Jahr 2020 das 30-jährige Jubiläum von "Violator" in zwölf monatlichen Beiträgen äußerst detailliert und ausführlich.
Da diese Platte mittlerweile zu einem unumstritten zeitlosen Werk herangereift ist, kann und sollte man dieses Jubiläum getrost jedes Jahr aufs Neue feiern.
Da diese Platte mittlerweile zu einem unumstritten zeitlosen Werk herangereift ist, kann und sollte man dieses Jubiläum getrost jedes Jahr aufs Neue feiern.
Lest deshalb, was die "Real Fans" damals dazu zu sagen hatten:
#Januar
Nun ist es schon ganze 30 Jahre her, dass dieses eine unserer aller Lieblingsalben erschien. "Violator" war damals gleichzeitig ebenso Meilenstein wie Quantensprung.
Der erste Song, den wir aus dem zu diesem Zeitpunkt noch unbetitelten Album zu hören bekamen, war „Personal Jesus“. Ein treibender, blueslastiger Song, der seiner Zeit musikalisch etwas weit voraus war und damit die Fans auf eine harte Probe stellte, klang er doch ganz und gar nicht Depeche Mode typisch. Es war ein Risiko, ob und wie sie damit ankommen würden. Mittlerweile ist er aus dem gesamten popmusikalischen Kontext nicht mehr wegzudenken. Dieser Song, der nicht altern will, und der mit seiner Anzahl an Coverversionen mittlerweile gut an Beatles "Yesterday" heranreichen dürfte.
Dass "Personal Jesus" von der Beziehung Priscilla Presleys zum von ihr etwas zu sehr vergötterten Elvis handeln würde, ist eine oft von der Band selbst kolportierte Version. Höchstwahrscheinlich hat aber auch die amerikanische Fernsehpredigerszene ihren nicht zu unterschätzenden Anteil an dem Text. So war die Band gerade auf ausgedehnter US-Tour, als der damals größte und leuchtendste Star dieser zwielichtigen Berufsgruppe, Jimmy Swaggert, über seine peinlichen Sexaffären gestolpert ist. Mindesten ebenso sehr, sollen dann noch diese brandneuen Telefonsexhotlines beteiligt gewesen sein. "Lift up the receiver" - Martin, du alter Schlingel!
#Januar
Nun ist es schon ganze 30 Jahre her, dass dieses eine unserer aller Lieblingsalben erschien. "Violator" war damals gleichzeitig ebenso Meilenstein wie Quantensprung.
Der erste Song, den wir aus dem zu diesem Zeitpunkt noch unbetitelten Album zu hören bekamen, war „Personal Jesus“. Ein treibender, blueslastiger Song, der seiner Zeit musikalisch etwas weit voraus war und damit die Fans auf eine harte Probe stellte, klang er doch ganz und gar nicht Depeche Mode typisch. Es war ein Risiko, ob und wie sie damit ankommen würden. Mittlerweile ist er aus dem gesamten popmusikalischen Kontext nicht mehr wegzudenken. Dieser Song, der nicht altern will, und der mit seiner Anzahl an Coverversionen mittlerweile gut an Beatles "Yesterday" heranreichen dürfte.
Dass "Personal Jesus" von der Beziehung Priscilla Presleys zum von ihr etwas zu sehr vergötterten Elvis handeln würde, ist eine oft von der Band selbst kolportierte Version. Höchstwahrscheinlich hat aber auch die amerikanische Fernsehpredigerszene ihren nicht zu unterschätzenden Anteil an dem Text. So war die Band gerade auf ausgedehnter US-Tour, als der damals größte und leuchtendste Star dieser zwielichtigen Berufsgruppe, Jimmy Swaggert, über seine peinlichen Sexaffären gestolpert ist. Mindesten ebenso sehr, sollen dann noch diese brandneuen Telefonsexhotlines beteiligt gewesen sein. "Lift up the receiver" - Martin, du alter Schlingel!
#Februar
Es gibt sicher nur ganz ganz wenige Songs, wo man sich noch genau erinnern kann, wann man sie zum allerersten Mal gehört hat. Einer dieser Songs ist „Enjoy The Silence“. Es war die von uns heiß geliebte „Peters Pop Show“ im November 1989, als uns der Song, damals noch mit dem langen Intro, eiskalt erwischte. Da die Bands bei dieser Show in der Regel immer zwei Lieder performten, glaubten im Vorfeld wohl alle an eine humorvolle Playbackversion der im selben Jahr veröffentlichten Single „Everything Counts Live“, so wie im Frühjahr in San Remo.
Umso überraschter waren wir dann natürlich über etwas komplett Neues. Alle waren wir sofort geflasht von „Enjoy The Silence“ (damals sagte man noch „fetzt“). Wir realisierten an Ort und Stelle, dass hier etwas riesengroßes bevorstehen würde. So kam es ja dann auch. Zum Glück hatten wir alle schön mit unseren Kassettenrekordern mitgeschnitten, dass wir uns die ewige Zeit bis zum Veröffentlichungstermin mühelos überbrücken konnten. Für den Kauf mussten wir damals noch umständlich in den Westen fahren.
Dass die Single ein riesengroßer Hit werden würde, hat die Band damals wohl geahnt, vielleicht sogar geplant. Das außergewöhnliche Video hat in den Hochzeiten des Musikfernsehens wirklich einen nicht zu unterschätzenden Beitrag geleistet. Ein Überhit, der seit 30 Jahren nicht altert, und der seitdem lediglich bei nur einem Konzert nicht gespielt wurde, da Dave mit gesundheitlichen Problemen darniederlag und die Zugabe nicht miterleben konnte.
Als wir dann endlich am 19. März 1990 das Album in Händen halten durften, war wohl einer der ersten Track der uns richtig positiv auffiel „Halo“, entsprach er doch am ehesten unseren bisherigen Hörgewohnheiten und auch dem von uns gewohnten Stil der Band. Er ging sofort ins Ohr und natürlich auch ins Tanzbein und wird bis heute von vielen Fans als einer ihrer Lieblingstracks bezeichnet.
"Halo" hätte sicher auch gut als Single funktioniert und wurde wohl nur deswegen nicht als solche veröffentlicht, weil das beschleunigte „Enjoy The Silence“ zum Zuge kam. Allerdings ist es bei DM auch keine Seltenheit, dass auf den Alben noch ein zwei weitere Songperlen lauern, die es nicht zu Singleehren geschafft haben, aber zweifelsohne das Zeug dazu gehabt hätten.
Was uns in der damaligen politischen Situation und mit unseren mageren Englischkenntnissen natürlich sofort auffiel, war der Text: „When our worlds they fall apart, when the walls come tumbling in“ bezog sich in unserer Wahrnehmung auf unser aktuelles Schicksal und die Wende, auch wenn Martin den Song wahrscheinlich schon viel früher und mit einer völlig anderen Intention geschrieben hatte.
Etwas besser verstehen ließ sich der Inhalt des Songs dann durch das extrem passende, aber trotzdem augenzwinkernde Video von Meister Corbijn, was im Laufe des Jahres mit der Videokollektion "Strange Too" nachgeschoben wurde.
#April
Nach dem frischen Opener „World In My Eyes“ begegnet uns auf „Violator“ gleich mit Titel 2 die schleichende Ballade „Sweetest Perfection“.
Auffällig sind hier besonders die vielen geschichteten Sounds und die Shuffledrums. Erst beim zweiten Hören beschäftigt man sich näher mit dem Text, der von Drogen, Selbstzerstörung und der Ohnmacht gegenüber einer nicht näher beschriebenen Versuchung zu handeln scheint. Martins Lieblingsthemen. Das seltsame Ende von „Sweetest Perfection“ läge angeblich daran, dass Alan Wilder und Kevin Paul vor lauter übereinanderliegender Samples keinen ordentlichen Abschluss gefunden hätten.
Trotz, oder gerade wegen der üppigen Ausstattung mit Samples ist „Sweetest Perfection“ bei Depeche Mode bisher ausschließlich akustisch zur Aufführung gekommen. Eine interessante Coverversion von „Sweetest Perfection“ existiert von der Crossover-Band und bekennenden Depeche-Mode-Fans „Deftones“, und Martin scheute sich nicht, den Song auf seiner Solotour "A Night With Martin L. Gore" zu präsentieren.
#Mai
Am 07.05.1990 erschien das uns bereits vom Album bekannte „Policy Of Truth“ als dritte Single. Entgegen der früher üblichen Depeche Mode Gewohnheit wurde der Song fast überhaupt nicht verändert. Gegenüber der Album-Version erhielt die Single lediglich ein nettes Intro und die Stimmen wurden minimal hervorgehoben. Das kursierende Gerücht, dass das Tempo etwas verlangsamt wurde, stimmt nicht, die Laufzeit verlängert sich lediglich um das Intro.
Der "Transcentral Mix" ist einer von insgesamt drei Remixen, den die damals ziemlich angesagten KLF überhaupt jemals für andere Musiker angefertigt haben. Das im "Capitol-Mix" zu hörende Zitat "I want to tell you..." stammt von Richard Nixon, und man staunt auch, das Depeche Mode hier nicht für das verwendete Kraftwerk-Sample verklagt wurden. Das im "Pavlov's Dub" verwendete Sample "I'm not politician..." spricht Schauspieler Bob Hoskins im Film "The Long Good Friday", dessen bescheuerter deutscher Titel "Rififi am Karfreitag" lautet.
„Policy Of Truth“ ist eines der wenigen Depeche Mode Songs, die man für das Konsolenspiel „Rock Band“ herunterladen konnte. Mit der relativ bekannten Version der Hannoveraner Rockband „Terry Hoax“ wurde erstmals ein Depeche Mode Cover ein wirklich veritabler Hit, danach begann eine regelrechte Coverversionswelle.
Die Dame auf dem Plattencover nennt Anton Corbijn in seinen Büchern Barbara. Sie ist entgegen der allgemeinen Meinung nicht mit im Video zu sehen. Die Damen im Video heißen Erika und Elisabeth. Das Video entstand in der Nähe der Williamsburg Bridge in New York. Während des Videodrehs wurden die Fotos für das World Violation Tourbook und für "Strangers" gleich mitgeschossen.
Am 07.05.1990 erschien das uns bereits vom Album bekannte „Policy Of Truth“ als dritte Single. Entgegen der früher üblichen Depeche Mode Gewohnheit wurde der Song fast überhaupt nicht verändert. Gegenüber der Album-Version erhielt die Single lediglich ein nettes Intro und die Stimmen wurden minimal hervorgehoben. Das kursierende Gerücht, dass das Tempo etwas verlangsamt wurde, stimmt nicht, die Laufzeit verlängert sich lediglich um das Intro.
Der "Transcentral Mix" ist einer von insgesamt drei Remixen, den die damals ziemlich angesagten KLF überhaupt jemals für andere Musiker angefertigt haben. Das im "Capitol-Mix" zu hörende Zitat "I want to tell you..." stammt von Richard Nixon, und man staunt auch, das Depeche Mode hier nicht für das verwendete Kraftwerk-Sample verklagt wurden. Das im "Pavlov's Dub" verwendete Sample "I'm not politician..." spricht Schauspieler Bob Hoskins im Film "The Long Good Friday", dessen bescheuerter deutscher Titel "Rififi am Karfreitag" lautet.
„Policy Of Truth“ ist eines der wenigen Depeche Mode Songs, die man für das Konsolenspiel „Rock Band“ herunterladen konnte. Mit der relativ bekannten Version der Hannoveraner Rockband „Terry Hoax“ wurde erstmals ein Depeche Mode Cover ein wirklich veritabler Hit, danach begann eine regelrechte Coverversionswelle.
Die Dame auf dem Plattencover nennt Anton Corbijn in seinen Büchern Barbara. Sie ist entgegen der allgemeinen Meinung nicht mit im Video zu sehen. Die Damen im Video heißen Erika und Elisabeth. Das Video entstand in der Nähe der Williamsburg Bridge in New York. Während des Videodrehs wurden die Fotos für das World Violation Tourbook und für "Strangers" gleich mitgeschossen.
#Juni
"Dangerous" ist die legendäre B-Seite von "Personal Jesus" und klingt von allen Songs der Violator-Phase noch am ehesten nach den uns bis dahin bekannten Depeche Mode. Deswegen ist "Dangerous" wohl auch eine der beliebtesten B-Seiten unter den Fans. Hier wichen sie aber zum ersten mal deutlich hörbar von der Maxime ab "never use a sound twice".
Vermutlich wollte man damit die Fans besänftigen, denen der Sound von Personal Jesus etwas zu weit fortgeschritten war.
#Juli
Wahrscheinlich ist "Blue Dress" einer der bezauberndsten Songs, die Martin je geschrieben hat.
Der Vielfältigkeit der Worte "blue" und "dress" geschuldet, geht es in dem Song höchstwahrscheinlich nicht nur um ein simples "Blaues Kleid". Je nach Kontext kann man es natürlich als "Trauerkleid" deuten, oder mit einem Blick auf Martins stete lyrische Hintersinnigkeit, einen Zustand von Melancholie und Trunkenheit in den Text interpretieren.
Man mag es kaum glauben, aber "Blue Dress" wurde bis zur "Delta Machine Tour" lediglich viermal live aufgeführt. Insgesamt wurde es in den 30 Jahren seit "Violator" 14-mal live gespielt.
#August
Ob es nun wirklich nur eine kleine Gehässigkeit ist, die Martin Gore dem "Happiest Girl" entgegenbringt, oder ob es sich tatsächlich um Neid, Missgunst oder sogar um eine Art Vergewaltigung handelt, von der er hier schreibt, bleibt jedem selbst überlassen, herauszuhören. Auf jeden Fall wirkt der Text eher unfertig und ist wohl auch einer der Schwächsten, die Martin je geschrieben hat.
Da auch der Song selbst nicht komplett ausgearbeitet wurde und sich auch nicht recht in die Dichte des Albumsounds von "Violator" einfinden will, hat man hier einfach Francois Kervorkian dafür herhalten lassen, und den Song stets nur als "Remix" veröffentlicht.
Am gleichen Schicksal leidet auch "Sea Of Sin". Der relativ poppige Appeal des "Tonal Mix" übertüncht die reichlich unfertige Produktion. Textlich beibt Martin hier nah am "Reim dich, oder ich fress dich"-Schüttelreimkonzept. Flink wurde es zusammengeschustert, da man wohl kein schlüssiges Konzept für die Integration ins Album gefunden hat.
Letztendlich ist aber "Violator" gerade wegen dem Fehlen dieser beiden Songs zu dem Meilenstein geworden, den wir heute feiern.
#September
Im September 1990 wurde "World In My Eyes" als vierte Single aus "Violator" ausgekoppelt. Der durch massive Kraftwerksounds auffallende Song wurde für den Single-Edit um 26 Sekunden gekürzt.
Gekürzt wurden auch die Remixe auf der klassischen UK-Maxi-CD (CDBong20), trotz dass sie identische Remix-Bezeichnungen wie im Rest der Welt tragen. Hier herrscht Sammlerobjektalarm! Der Grund dafür ist recht einfach, denn diese Remixe sollten zunächst auf einer 3"-CD erscheinen, mehr hätte also nicht drauf gepasst. Auf der deutschen Maxi-CD in 5"-Größe sind alle Remixe in voller Länge zu hören.
Auf der "World Violation Tour" wurde "World In My Eyes" im Überseeteil in einer etwas anderen Version gespielt als in Europa. Die Liveszenen im Video wurden entgegen der landläufigen Meinung nicht bei den legendären Konzerten im Dodger-Stadion von Los Angeles aufgenommen, sondern bereits Anfang Juli 1990 im World Music Theatre in Chicago.
#September
Im September 1990 wurde "World In My Eyes" als vierte Single aus "Violator" ausgekoppelt. Der durch massive Kraftwerksounds auffallende Song wurde für den Single-Edit um 26 Sekunden gekürzt.
Gekürzt wurden auch die Remixe auf der klassischen UK-Maxi-CD (CDBong20), trotz dass sie identische Remix-Bezeichnungen wie im Rest der Welt tragen. Hier herrscht Sammlerobjektalarm! Der Grund dafür ist recht einfach, denn diese Remixe sollten zunächst auf einer 3"-CD erscheinen, mehr hätte also nicht drauf gepasst. Auf der deutschen Maxi-CD in 5"-Größe sind alle Remixe in voller Länge zu hören.
Auf der "World Violation Tour" wurde "World In My Eyes" im Überseeteil in einer etwas anderen Version gespielt als in Europa. Die Liveszenen im Video wurden entgegen der landläufigen Meinung nicht bei den legendären Konzerten im Dodger-Stadion von Los Angeles aufgenommen, sondern bereits Anfang Juli 1990 im World Music Theatre in Chicago.
In der Videoversion zur Single wird Dave während der Fahrt ins Autokino von einer Frau begleitet. Bei der späteren Veröffentlichung auf "Strange Too" sitzen alle vier Bandmitglieder im Auto. Bei dem schneidigen Cabrio handelt es sich um einen 1957er "Chevrolet Bel Air". Das Auto, was in der Livesequenz zu sehen ist, gehörte zu den Screens vom Rausschmeißer "Behind The Wheel/Route 66". Dieses für amerikanische Verhältnisse recht kleine Mini-Cabrio ist ein "Nash Metropolitan", ebenfalls aus den 50ern. Das mystische Autokino "Motor Vu Theatre" befindet sich in der Stadt Tooele im US-Bundesstaat Utah. Es ist immer noch in Betrieb.
Auf der "Global Spirit Tour" ist euch bei "World In My Eyes" sicher nicht entgangen, dass dem ikonischen Originalbild Daves mit der "Brillen"-Geste auf der rechten Seite der Videowand, eine aktuelle Corbijnsche Neuaufnahme auf der linken Seite gegenüber gestellt wurde.
Aufgenommen wurden beide Fotos mit großer Wahrscheinlichkeit von der Dachterrasse des "Metropolitan Museum Of Modern Art", da im Hintergrund recht deutlich das bekannte Gebäude "The Beresford" am New Yorker Central Park zu erkennen ist.
#Oktober
Als 1990 „Strange Too“ erschien, waren wir ganz schön überrascht, dass neben „Halo“ sogar noch „Clean“ zu eigenen Videoehren gekommen ist. Schließlich war es bis dahin üblich, dass eigentlich nur Singles ein Video erhielten, mal von "Pimpf" abgesehen, aber das geht sowieso eher als B-Seite durch.
Martin Gore behauptet, es wäre bis dahin sein bester Videodreh gewesen, schließlich musste er nur den ganzen Nachmittag knutschend auf dem Sofa liegen. Gedreht wurde das Ganze im Appartment von Anton Corbijn, was er sich extra zusammen mit Produzent Richard Bell angemietet hatte, um eine ganze Weile in den USA vor Ort sein zu können und einige weitere Videos abzudrehen. Darunter dann auch solche Kracher wie „Killer Wolf“ der Gruppe Danzig.
Auf der "Global Spirit Tour" ist euch bei "World In My Eyes" sicher nicht entgangen, dass dem ikonischen Originalbild Daves mit der "Brillen"-Geste auf der rechten Seite der Videowand, eine aktuelle Corbijnsche Neuaufnahme auf der linken Seite gegenüber gestellt wurde.
Aufgenommen wurden beide Fotos mit großer Wahrscheinlichkeit von der Dachterrasse des "Metropolitan Museum Of Modern Art", da im Hintergrund recht deutlich das bekannte Gebäude "The Beresford" am New Yorker Central Park zu erkennen ist.
#Oktober
Als 1990 „Strange Too“ erschien, waren wir ganz schön überrascht, dass neben „Halo“ sogar noch „Clean“ zu eigenen Videoehren gekommen ist. Schließlich war es bis dahin üblich, dass eigentlich nur Singles ein Video erhielten, mal von "Pimpf" abgesehen, aber das geht sowieso eher als B-Seite durch.
Martin Gore behauptet, es wäre bis dahin sein bester Videodreh gewesen, schließlich musste er nur den ganzen Nachmittag knutschend auf dem Sofa liegen. Gedreht wurde das Ganze im Appartment von Anton Corbijn, was er sich extra zusammen mit Produzent Richard Bell angemietet hatte, um eine ganze Weile in den USA vor Ort sein zu können und einige weitere Videos abzudrehen. Darunter dann auch solche Kracher wie „Killer Wolf“ der Gruppe Danzig.
Im Hintergrund besagter Knutschszene werden Filme auf die Gardinen projiziert. Es sind die, die auf der World Violation Tour bei „Clean“ auf der Bühne gezeigt wurden.
„Clean“ war wiederum auch der allererste Song, bei dem Depeche Mode Livedrums eingesetzt haben. Alan Wilder thronte dabei auf einer Hebebühne, die für diesen Song hochgefahren wurde und bearbeitete dort 2 Schlagwerke im Stile von Congatrommeln oder Pauken. Seit den regelmäßigen Einsätzen auf der World Violation und der Exciter Tour, wurde Clean lediglich nur noch ein einziges Mal live aufgeführt, und zwar 2009 in Bremen als Solostück von Martin.
Das Mädchen aus dem Video ist Angela Shelton, die, damals selbst bekennender Depeche Mode Fan, als Dankeschön für ihren Auftritt im Video, neben dem Privileg einfach mal einen ganzen Nachmittag mit Martin Gore rumzuknutschen, lediglich Eintrittskarten für die Los Angeles Konzerte bekommen haben soll. Sie ist bis heute weiter im Filmgeschäft aktiv, allerdings vorwiegend als Autorin von Filmstoffen.
Alan Wilder beteuert bis heute, dass die Bassline von „Clean“ nicht bei Pink Floyd abgekupfert wäre. Die Ähnlichkeit zu „One Of These Days“ ist aber so frappierend, dass man schon ziemlich ignorant sein muss, dies zu leugnen. Aufgrund der aber von ihm geschilderten Tatsache, dass bis zum Schluss eine entsprechende Bassline gefehlt hat, ist es schon sehr wahrscheinlich, dass dieser „inspirative Klau“ die naheliegendste Lösung war. Dafür aber eben auch eine ziemlich coole.
#November
Wenn wir schon ein ganzes Jahr lang über die "Violator" sprechen, dürfen wir dabei auch die zahlreichen Instrumentals um das Album herum nicht vergessen. Ich meine damit nicht unbedingt „Crucified“ oder „Interlude #3“, sondern die wundervollen B-Seiten „Memphisto“, „Sibeling“ oder „Kaleid“.
Interessanterweise wurden die Titel immer kryptischer, konnte man sich doch bis dahin unter „Agent Orange“ oder „Christmas Island“ etwas Konkretes vorstellen. Selbst die kleine Stadt "Oberkorn" ließ sich auf Anhieb prima finden. Daher lässt es sich auch prima über die Bedeutung von „Memphisto“ fabulieren.
Wenn wir davon ausgehen, das Martin Elvis wohl eher vergöttert als verteufelt hat, wird es sich hier wohl um eine andere vertonte Teufelei handeln. Martins stetem religiösen Duktus folgend, könnte „Memphis“ nämlich auch von der altgriechischen Bedeutung "Vollkommenheit" stammen, und damit nicht unbedingt die Stadt gemeint sein. Er selbst behauptet, es wäre eine Vision, worin Elvis in einem fiktiven Film den Teufel verkörpert. Allerdings haben wir über die Jahre gelernt, was wir von Martins eigenen Erläuterungen seiner Songs zu halten haben.
Anders bei "Sibeling". Das Thema „Verleumdung“ spielt im Kontext Depeche Mode doch hin und wieder eine Rolle. Ob nun bei „The Things You Said“ oder „Breathe“, es ist regelmäßig eines von Martins Lieblingsthemen. Dem etwas eckigen Klavierspiel nach zu urteilen, hat Martin diesen Song höchstwahrscheinlich auch selbst eingespielt.
Etwas schwieriger wird es wieder bei "Kaleid". Den einzigen schlüssigen Zusammenhang, den ich hier finden konnte, ist das Wort „kaleidisch“. Es beschreibt eine hohe wirtschaftliche Unsicherheit, basierend auf einer stetigen Veränderung. Durchaus eine Metapher, die auf die damaligen Depeche Mode gerade gut passen würde.
#Dezember
Neun Songs für die Ewigkeit, sechs außergewöhnliche B-Seiten. Vor 30 Jahren erschien „Violator“ und wir haben jeden Monat einen der Songs kurz beleuchtet. Nun sind wir leider schon wieder am Ende angekommen. Der letzte Song auf Seite 1 der LP, gleichzeitig einer der schönsten Konzertabschlüsse der letzten Tourneen, und ein würdiger und festlicher Abschluss unserer kleinen Reihe.
Besonders beeindruckend ist das stark an Tangerine Dream orientierte Stück "Waiting For The Night" im 5.1-Mix der 2007er DVD-Remasters. Hier kommen die außergewöhnlichen Stimmen der beiden Sänger besonders gut zur Geltung und der Song bekommt richtigen Duettcharakter.
Und wer das mit Tangerine Dream nicht glaubt, der hört einfach mal in deren Meisterwerk „Phaedra“ rein.
#Fazit
„Schweinemüll“ lautete damals das ziemlich vernichtende Urteil des "Melody Maker".
„Eine Kopie von New Order und Kraftwerk“ war die Einschätzung eines anderen britischen Journalisten. Beide konnten oder wollten damals nicht so recht wahrhaben, was da Großes und Nachhaltiges über sie hereinbrach, und wie eine in ihren Augen "Teenagerband" ein solch reifes und perfektes musikalisches Werk abliefern konnte.
Das war vor genau 30 Jahren. Ein Zeitraum, der vor 30 Jahren ziemlich unvorstellbar war, hatten doch die meisten von uns gerade mal etwas mehr als die Hälfte davon hinter sich, der uns aber trotzdem vorkommt, als wäre es es gerade gestern erst gewesen.
Für die Band war es nach „Music For The Masses“ ein Riesenschritt zu diesem Album. Nicht nur, weil Dave zum ersten Mal auf einer Depeche-Mode-Platte Gitarre spielen durfte. Martin textete inzwischen tiefgründige Existenzialistentexte irgendwo zwischen Kafka und Camus. Alles Dichter, die drei Jahre zuvor auch ein Robert Smith als Einfluss auf seine Arbeit am bunten Blumenstrauß namens „Kiss Me Kiss Me Kiss Me“ bezeichnete. Zusammen mit den eher spärlich gehaltenen Demoversionen sollte es hier erstmalig dazu kommen, die Songs in einer Art Jam-Session zu entwickeln und gemeinsam detailliert auszuarbeiten.
Natürlich ist "Violator" eine Kraftwerk-Hommage, sehr streng getaktet, elektronisch punktgenau. Besonders hörbar bei „World In My Eyes“, holte man sich doch wohl genau deswegen den Mixer von "Electric Café" an die Regler. Genauso sind die zeitgemäßen Anleihen bei den "Pet Shop Boys" und "New Order" nicht überhörbar. Auf dem Stand der musikalischen Coolness der Endachziger, waren dies nicht mal die schlechtesten Vergleiche. Keiner konnte ahnen, dass Depeche Mode ihre damaligen Zitategeber mit diesem Album um Längen überholen und sich für die nächsten 30 Jahre den Thron der elektronischen Rockmusik erobern und nie wieder hergeben würden.
Wie sehr bei der Produktion der Jam-Gedanke umgesetzt wurde, lässt sich am ehesten an „Enjoy The Silence“ nachvollziehen, war es doch ursprünglich eine Orgelballade, aus der die Band einen ihrer größten Hits machte, nachdem Alan genervt war, Flood eine nette amerikanische House-Maxi anschleppte und Martin mehr oder weniger zufällig ein passendes Gitarrenriff spielte.
Plötzlich fanden alle, dass man das nun doch noch etwas zackiger spielen könnte. Allerdings war Daniel Miller in diesem Falle mit dem Kervorkian-Mix so gar nicht zufrieden, dass er kurzerhand nochmal selbst Hand anlegte. Vielleicht verantwortet er sogar die berühmte "Pudding-Snare" (Zitat Alan) des Songs. Dafür wollte man ihnen dann sogar den Brit-Award verleihen. Bis zum heutigen Tag soll Steve "Silk" Hurley, Mixmaster der Band "Ten City" keinerlei Tantiemen für "Enjoy The Silence" bekommen haben. Schaut trotzdem einfach auf das Jahr auf dem Label.
Die technischen Fähigkeit eines Flood und die Musikalität und Frickelleidenschaft eines Alan Wilder sorgten für einen ausgetüftelten Album-Sound, den Dave als „Future-Blues“ bezeichnen sollte. Die Blues-Anleihen sind nahezu unüberhörbar, am deutlichsten vielleicht bei „Sweetest Perfection“, „Blue Dress“ oder „Clean“, aber auch das rockige „Personal Jesus“ enthält nichts weiter als ein knackiges Bluesriff der Marke "ZZ Top, frühe 80er" mit einer Prise "T-Rex". Martins Bluesaffinität trat hier bereits noch stärker in Erscheinung als auf der „Counterfeit e.p.“ ein halbes Jahr zuvor. Ein Trend, der sich in späteren Produktionen noch mehr und mehr hörbar durchsetzen sollte.
Bedient wurde sich selbstredend bei den ganz Großen der Rockmusik. Tangerine Dream wurde besonders bei „Waiting For The Night“ bemüht, Kraftwerk wurden auf der späteren Maxi von „World In My Eyes“ sogar noch reichlich offensichtlicher zitiert als in der Singleversion, aber auch Led Zeppelin und Pink Floyd wurden reichlich kopiert und gesampled. Vorbilder, die die Marschrichtung der Band samt ihrer Ambitionen für die nächsten Jahrzehnte werden sollten, Wegweiser und Meilenstein auf dem Weg zur größten Band der Welt. Spätestens als das melodieselige „Policy Of Truth“ als Single veröffentlich wurde, waren sie dank der exklusiven und stimmigen Videos für diesen Moment die coolsten Säue des Planeten.
Natürlich fühlten wir uns damals genauso! War doch Violator unser Soundtrack zur Wende, zu ungekannter Freiheit und zum Erwachsenwerden. Ein Aufbruch in eine ungewisse Zukunft und neue Abenteuer, untermalt mit der passendensten Musik, die man sich zu dieser Zeit vorstellen konnte. Wohl auch deshalb hat sich diese Platte so eindrücklich in unsere Köpfe eingebrannt.
Und der Record Mirror befand einst: „Mit Violator haben sie für euch einen wahren Kerker aus Songs gestaltet […], die Songs sind wie leuchtende Sterne an einem pechschwarzen Himmel oder wie Silberschmuck auf einer weichen, schwarzen Lederjacke… je weiter wir diese Jacke öffnen, desto größer werden sie.“
Natürlich fühlten wir uns damals genauso! War doch Violator unser Soundtrack zur Wende, zu ungekannter Freiheit und zum Erwachsenwerden. Ein Aufbruch in eine ungewisse Zukunft und neue Abenteuer, untermalt mit der passendensten Musik, die man sich zu dieser Zeit vorstellen konnte. Wohl auch deshalb hat sich diese Platte so eindrücklich in unsere Köpfe eingebrannt.
Und der Record Mirror befand einst: „Mit Violator haben sie für euch einen wahren Kerker aus Songs gestaltet […], die Songs sind wie leuchtende Sterne an einem pechschwarzen Himmel oder wie Silberschmuck auf einer weichen, schwarzen Lederjacke… je weiter wir diese Jacke öffnen, desto größer werden sie.“
(stx), redaktionell editiert im März 2025
dmfc.hopesandfears@gmail.com
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