"You're All I Need To Keep Believing..." - Pilgern, Posen, Pogen und allerhand Zufälle (ein "Memento Mori" Reisetagebuch)

Zugegeben, pogen ist jetzt nicht unbedingt üblich, bei Depeche Modes Konzerten hält sich das eher in Grenzen, altersbedingt muss es das sowieso. Als bildhafte Metapher für ausufernde und nachhaltig beeindruckende Konzerterlebnisse soll es heute trotzdem taugen - Stichwort "#claimsale"! 

Unsere allerletzen "Memento Mori"-Konzerte standen also ins Haus. Zu den Konzerten selbst, werden wir uns hier nicht übertrieben auslassen, denn dazu wurde bei Social Media bereits schon viel drum herum geschrieben. Wir beschäftigen uns heute eher mit unserem eigenen Drumherum. Denn auch das war wieder äußerst interessant! Fanden wir zumindest...

Als im Juli 2023 die Termine für den "Memento Mori" Nachschlag des Jahres 2024 bekannt gegeben wurden, waren wir noch komplett im Rausch der Sommerkonzerte. Management, Band und Veranstalter haben diese Euphorie wieder gnadenlos ausgenutzt. 

Die Nachfrage war anlassgerecht hoch, die Deutschlandkonzerte in Nullkommanichts ausverkauft. So kam es, dass für uns am Ende Prag, Paris und Köln auf dem Reiseplan standen. Bis auf Prag, waren wir noch nie zu Konzerten in diesen Städten. Gute Voraussetzungen also, dass es entsprechend interessant werden würde.

Die neue Strategie der Doppelkonzerte finde ich persönlich extrem sympathisch, eröffnet sie uns doch ein völlig neues Zeitmanagement. Man genießt die Tage mehr, sieht mehr, reist in altergerechtem Tempo und es bleibt wesentlich mehr Zeit zum Pilgern. Dass das Wort Pilgern bei uns nicht nur für ziellos herumspazieren steht, dürfte sich ja schon herumgesprochen haben. Für uns gilt immer noch die Challenge, so viel wie möglich Pins in #diedepechemodepilgerkarte zu stecken.

Unsere "Memento Mori" Adventures anno 2024 begannen in einer fast schon milden Winternacht. Die erste Vorbesprechung fand beim obligatorischen Winterferienvideoabend der "Real Fans Chemnitz" statt. Gleich das erste Filmchen der taufrisch remasterten Videosammlung "Strange/Strange Too" heizte unsere Vorfreude auf Paris enorm an, "Strangelove". Doch zunächst sollte es für uns nach Prag gehen.

PRAG

Eine wichtige Prämisse für unsere geriatriekonformen Konzertreisen ist, eine Unterkunft möglichst im Stadtzentrum zu ergattern. Man kommt leicht herum, ist bei den meisten Sehenswürdigkeiten schnell vor Ort und die kulinarische Grundversorgung ist in der Regel auch gewährleistet. 

In Prag erwischten wir dieses Mal ein wirklich nettes Hotel in einer unscheinbaren Seitenstraße unweit der Karlsbrücke. Klein, gemütlich, familiär geführt, leckeres selbstgemachtes Frühstück. Eine glatte Eincheckempfehlung!

Als unser Hotelier mitbekam, dass wir wegen Depeche Mode in der Stadt waren, erfreute er uns als erstes mit der süffisanten Nachricht, einer der 12.000 Glücklichen gewesen zu sein, der Depeche Mode im März 1988 in der Prager Sporthalle erleben durfte. Im Jahr darauf durfte er Papst Johannes Paul II. die Hand schütteln. Dass er uns beides in einunddemselben Satz erzählte, verdeutlicht ungefähr den Stellenwert der Band in Tschechien.

Ein großes Hallo gab es im Hotel, als uns ein paar spanische Fans wiedererkannten, die zufällig mit uns letztes Jahr auf den Amsterdamer Konzerten waren. Damit hatten wir bei ihnen quasi Star-Status und sie wollten unbedingt ein Foto mit uns machen. 

Abends schlenderten wir durch die Stadt und pilgerten über die Karlsbrücke. Trotz unendlicher Menschenmassen, die Tag und Nacht über diese Brücke strömen, gelang es uns doch recht schnell, dieses eine berühmte Foto nachzustellen. Ein Beispielbild:

Kaum ist man auf der anderen Seite der Karlsbrücke angekommen, schon stolpert man über das Plattengeschäft aus dem "Strangers" Bildband, bei dem Dave und Martin äußerst interessiert durchs Schaufenster blicken. Heutzutage kann man dort direkt durch dieses Fenster eintreten und sich einen lecker "Trdelnik", den weltberühmten Baumstrietzel, kaufen. 

Ganz im Zeichen von "Strangers" stand auch der nächste Tag. Mit einer Stadtrundfahrt überbrückten wir den ausgiebigen Regen und landeten in der Rundfahrtpause auf dem Hradschin, wo es ebenfalls einige Spots aus "Strangers" nachzustellen gibt. Möglicherweise fallen solche Aktivitäten heutzutage unter den Begriff "urbex"- urban exploring. Wir nennen es dann wohl DepEx. ☺️

Vor dem überpünktlichen Aufbruch zur Konzerthalle mussten wir uns noch etwas stärken. Als pflichbewusster und touristisch ambitionierter Pilger-DepExer, taten wir dies bei keinem Geringeren als Tim Simenon und seinen beinahe weltberühmten "Hoxton Burgers". Einige von euch kennen ihn noch als "Bomb The Bass" oder von einigen Remixen für die Jungs. Für den Rest ist er nicht Weniger als der Retter von Depeche Mode.

Der Zufall wollte es, dass wir nach dem leckeren Mittagsmahl noch so lange bei einem deliziösen Kaltgetränk ausharrten, dass Tim tatsächlich persönlich aufkreuzte. Wir hatten nicht wirklich damit gerechnet, freuten uns aber über seine offene und kommunikative Art, seine wirklich modern und stilvoll eingerichtete Gaststätte und der Huldigung seiner "Ultra" mit einer ganzen Wand an Trophäen und Goldenen Schallplatten. 

Gegenüber unserem letzten Treffen nach dem Konzert 2018 in der O2-Arena, wo er eher wortkarg und hastig auf dem Weg zur Backstageparty war, erlebten wir ihn heute wie ausgewechselt. Tim ist wirklich ein extrem netter, neugieriger Typ, und wir hatten einen super Plausch mit ihm und den Freunden von Depeche Mode UK, die zufällig auch vor Ort waren.

Mit der leicht überarbeiteten Winter-Setlist hatten wir uns bereits im Vorfeld ausreichend befasst, so dass uns beim ersten Konzert der Jungs eigentlich nichts überraschen sollte. Allerdings passierte genau das dann doch. Anstatt des fast schon üblichen, eher leidlichen Geburtstagsständchens, forderte Dave eine Dame aus dem Publikum zum Tänzchen auf. Neid und glühende Eifersucht machten sich um uns herum breit. Es war das erste Mal seit über 30 Jahren, dass bei Dave wieder eine Frau auf die Bühne durfte. Die glückliche Tänzerin Helen Caslavska, baut seither eine veritable Influencerinnenkarriere um ihr Tänzchen auf. 

Unser hingebungsvolles "Real Fans"-Sein wurde nach dem Konzert noch von einer besonders aufgeregten Dame gewürdigt, die uns nahezu unfassbar fand: "you guys are REAL fans, you know all the lyrics!!!"

Am Day Off setzen wir unser ambitioniertes Pilgerprogramm fort. Im milden Morgenlicht erwiesen wir zunächst Poetenlegende Franz Kafka die Ehre auf dem jüdischen Friedhof. Wie wir feststellten, jährt sich sein Tod dieses Jahr zum 100. Mal.



Auf dem Prager Fernsehturm bewunderten wir die Ausstellung einer Künstlerin namens April Popko. Wie es der Zufall will, malt sie vorwiegend stilvolle Abbildungen von Engelsflügeln. An was die uns erinnerten, müssen wir hier sicher nicht nochmal erwähnen. Auf dem Rückweg ging es dann auf die Hlávka-Brücke für ein paar weitere populäre Pilgerbilder. 

Am Abend feierten wir mit etlichen Fans aus der ganzen Welt die Depeche Mode Party in der Futurum Music Bar. Die große Internationalität der Fans ist immer wieder aufs Neue beeindruckend. Als er uns erkannte, begrüßte uns Stargast und notorischer Zuspätkommer Tim Simenon an diesem Abend gar freudig mit einem Handschlag und ein paar herzlichen Worten. Anscheinend hat er unseren netten Plausch vom Vortag ebenso genossen wie wir. Was für eine Ehre!

Auch am dritten Tag hatten wir das Pilgern noch nicht satt. Vor dem Konzert streiften wir wieder wie die Wilden durch die Stadt und fanden noch zahlreiche Plätze, an denen sich die Jungs von Depeche Mode haben verewigen lassen. Dem berühmten Bild von Martin und Dave am "Josefska"-Straßenbahntunnel wurde von uns genauso gehuldigt, wie Fletchs verirrtem Burgaufstieg an der "Thunovska", Alans berühmter Stele oder Andys weißer Plastetüte. Heute gabs dazu sogar Sonnenschein. 




Am "Prager Loreto" schossen wir einige weitere Tributes und bergab ging es über die "Nerudova", wo wir nach einer leckeren Mahlzeit bei der "schönen Müllerin" die einstige Telefonzelle von Alan und Fletch zwar vermissten, den Platz aber trotzdem fotografisch festhalten mussten.

 

Bei Konzert Nummer Zwei gab es keine derartige Überraschung, wie am ersten Abend, dafür mussten wir lernen, dass heutige Teenager keinerlei Bierduschen mehr gewöhnt sind. Ein derart affektiertes Gehabe, gepaart mit einer verbalen Totalentgleisung in der Situation einer wirklich unabsichtlich herbeigeführten Behopfungsaktion, erfährt man selten. 


Unsere letzten Stunden in dieser wundervollen Stadt, verbrachten wir noch mit der Tiefeninspektion des Prager Hauptbahnhofs und dem Sinnieren darüber, wo denn nun genau Dave und Martin für die letzten "Strangers"-Fotos gestanden haben. Ich denke, wir konnten es ganz gut einkreisen. 



Nur die Strelecky Insel mussten wir dieses Mal für unsere Pilgerpartie auslassen. Schließlich braucht man immer einen Grund, so schnell wie möglich wiederzukommen.

PARIS

Reichlich eine Woche nach dem Besuch der Goldenen Stadt schickte uns unser Tourplan in die Stadt der Liebe. Ein günstiger Zufall erlaubte es uns, in ein in Depeche Mode Kreisen sehr gut bekanntes Hotel einchecken zu dürfen.

Bereits an der Rezeption frohlockte mein Herz, als der Portier uns Zimmerschlüssel für die erste Etage aushändigte. Die diesjährige, an Zufällen nicht gerade arme Konzertreise, bekam damit ihr erstes Krönchen aufgesetzt. Das Zimmer und dessen Fenster mit dem berühmten Kopfstein aus "Strangelove" war tatsächlich unseres. Wow!

Am Abend genossen wir noch mit unserem Freund André eine fachkundige Stadtführung durch das verregnete Paris.

Unsere Enttäuschung war bitter, als wir feststellten, dass die berühmten silbernen Kugeln aus dem "Strangelove"-Video noch in Holzkisten verhüllt ihren Winterschlaf hielten. 

Dafür priesen wir diesen Ort durch das Nachstellen des BRAVO-Posters auf den "Colonnes de Buren". Der Schöpfer dieser Säulen, der Künstler Daniel Buren, ist auch der Gestalter des modernen und farbenfrohen Chemnitzer Schornsteins. Damit ist dieser Platz quasi ein direkter Link nach Chemnitz! 

Tags darauf verschafften wir uns einen umfassenden Überblick über die Stadt auf dem Tour Montparnasse. Schwer bewacht, aber auch schwer zu toppen mit seiner erstklassigen Aussicht, und dabei nicht so zugig, wie sein wesentlich berühmterer Nachbar.

Mit einer Kombination aus Sightseeing und Pilgertum stolzierten wir auf unserem Weg zum Eiffelturm über einige Straßen und Märkte der Stadt, und kreuzten kurz vorm Ziel das ebenfalls aus besagtem Video bekannte Marsfeld. André begleitete uns dann wieder durch den Eiffelturm hinauf zum Trocadéro. Es folgte der erste Konzertabend in Paris. 

Das Areal um die Accor Arena schmückte sich an diesen Tagen mit allerlei Zitaten rund um die Band. Restaurants warben mit "Ghosts Again Cocktails" und "Memento Mori Menüs". Die Halle selbst, ist durch ihre fast durchgängig begrünte Fassade allein schon von außen beeindruckend. 


Konzert Nummer Eins war wie immer solide. Bereits beim ersten Song fiel uns auf, dass die Halle schon komplett stand und kollektiv ausrastete. Das hatten wir auf der Tour noch nicht erlebt, ganz im Gegenteil! 

Vorher erspähten wir noch Martins Frau Kerrilee sowie seine beiden süßen Mädels Johnnie und Mazzy im Front Of House. Das leider fast schon obligatorische Geburtstagsständchen galt dieses Mal zum Glück Christian Eigner. So wurde es eine ordentliche Party.

Nun wäre Paris nicht Paris, wenn es nicht auch als veritable DepEx-Pilgerstätte taugen würde. Bei strahlendstem Sonnenschein brachte uns die Pariser Straßenbahn am darauffolgenden Tag in den beschaulichen Stadtteil Suresnes. 

Was wir dort suchten, war eine extrem bekannte Bäckerei, die in nahezu jedem Kinderzimmer der frühen Depeche Mode Fans hing.


Gleich daneben befindet sich das fensterlose Studio Guillaume Tell, in dem nichts Weniger als die prächtige "Music For The Masses" aufgenommen wurde. 

In diesem schönen Pariser Vorstadtidyll mit Gassen, Boutiquen und Weinstuben könnten "Santiano" gar nicht erst recorden, da dort keine Piratenschiffe parken können.*(ein Zitat)


Zum zweiten Mal enttäuschte uns Paris dann leider am Fuße des "Champs Élysées". Der berühmte Brunnen der "People Are People"-Sessions war mit unschönen Bauzäunen umstellt. Es gab kein Herankommen. Das Bild, auf dass ich mich am meisten gefreut hatte, muss also noch bis zum nächsten Besuch warten. 

Überhaupt schien ganz Paris eine einzige riesengroße Baustelle zu sein. Dann fiel uns ein, dass sie ja dieses Jahr noch die Olympiade ausrichten. Wir zogen weiter zum Obelisk von Luxor und danach auf klassischen Touristenpfaden weiter auf den Montmarte. 

Am Morgen von Tag Drei erreichte uns die Information, dass die "Fontaines Sphérades", also besagte Kugeln, nunmehr aus ihrem Winterschlaf erwacht wären. Wir depexten abermals zum Palais Royal. 


"The Doors" waren eine der ersten Bands, die uns einst über den begrenzten Tellerrand des geneigten Depeche-Mode-Jüngers hinweg blicken ließen. Grund genug für uns, Jim Morrison an seinem Grab zu besuchen. 

Durch unsere intensive Pilgerrecherche wussten wir, dass Depeche Mode auf exakt diesem Friedhof im Frühjahr 1987 eine Fotosession absolviert hatten. So half uns erneut Bruder Zufall, zwei von uns bisher unkartierte Pilgerstätten zu entdecken. StreetView funktioniert halt nicht auf Friedhöfen. Danach gings zurück ins Hotel und ab zu Konzert Nummer Zwei.   



Auch heute kochte die Hütte wieder von Anfang an. Dave war extrem ausgelassen, gab sein Bestes und unterhielt uns zu Ehren der "Doors" mit einem Einzeiler aus "Riders On the Storm". Diesmal auch ohne strömenden Regen!

Die augenscheinlich Jahrhunderte alte Lederhose des Burschen neben uns roch die ganze Zeit wie lecker blaurosa Klostein. Diese Hose hat definitv schon etliche Konzerte miterlebt, genau mit diesem Körper darin. Körper und Hose bildeten daher bereits eine Sybiose. Das man dies in einer solchen Halle sogar riechen kann, spricht für sie! 

Zur offiziellen Verabschiedung fing die weit gereiste Lederhose sogar noch Christians arg malträtierten Drumstick, der einen ordentlichen Krater im Holz aufwies. Hab leider kein Foto davon machen können. Unabhägig davon, war Paris 2 wieder ein Konzert zum Niederknien.


KÖLN

Anfang April ging es dann zur wirklich allerletzte Sause nach Köln. Den Sozialen Medien konnte man schon lange vorher entnehmen, dass an diesen Tagen die Crème de la Crème des weltweiten Depeche Mode Adels vertreten sein würde, nicht nur wir! Die allerletzten Konzerte der Tour, dazu die Stadt Köln eine ganze Woche lang im Dauerpartymodus.

Für diese Jahreszeit hatten wir erschreckend gutes Wetter, bereits volle Rapsblüte und ausreichend Sonne, um mal wieder die selbst gebastelten Depeche-Mode-Shirts offen aufzutragen. 

Die Anreise war wegen Ferienende und Bundesligafußball recht strapaziös, entschädigte uns aber mit einer urbanen Ausgelassenheit, bei der abends um Elf noch Familien mit Kinderwagen an der Eisdiele Schlange standen. Nimm das, Chemnitz! 

Nun waren Depeche Mode zwar schon oft in Köln, aber ein prägnantes Outdoorfoto für unsere #diedepechemodepilgerkarte gab es nie. Nur 1986 verirrten sie sich zum Auftritt mit "Stripped" beim Peter-Illmann-Treff klanglich passend auf einen Schrottplatz. Da man Sonntagvormittag in einer deutschen Großstadt ja sowieso nicht anderes vor hat, nichts wie hingepilgert! 


Bis zur letzten Sekunde der Tour waren auch die Jungs ungemein geschäftstüchtig. Um wirklich dem allerletzten Fan noch seine allerletzten Taler abzuknöpfen, gab es an den allerletzten Konzerttagen noch einen allerletzten Memento-Mori-Verkaufswagen. Das mit dem Bus hatte ein Jahr zuvor ja auch ganz prächtig funktioniert. Dort gab es vier Tage lang jeweils einen neuen, streng geheimen Standort, jeden Tag ein einzigartiges T-Shirt, ein dazu passendes Longsleeve sowie ein farblich abgestimmtes Tourposter. 

Bei aller kommerzieller Begleiterscheinung trifft man an solch Orten natürlich stets auch die breite Fanpalette. Lebensältere, einst in Alan verliebte Frauen mit einer altersbedingt eher ungewöhnlich ausgeprägten Depeche-Mode-Affinität ihrer Tochter, die sich am liebsten schon früh um fünf vor die Konzerthalle gepackt hätte. Dazu die üblichen Verdächtigen, die man sowieso überall trifft, bis hin zum Einkaufslisten abarbeitenden Hardcore-Masseneinkäufer. 


Generell stand die gesamte Reise wieder unter einem guten Stern, fremde Menschen kennenzulernen. Besonders Schotten kreuzten diesmal unseren Weg. Ein gewisser Hector freute sich über die klangvolle Namensähnlichkeit mit unserem Holger, und ein weiterer Schotte schwärmte mir von seinen unvergleichlichen Depeche Mode Konzerterlebnissen vor. Leider in dem Moment, als er neben mir an der Bierrückgabe stand und es gemütlich laufen ließ. Die Schotten waren dabei alle ziemlich dicht!

Außergewöhnlich dicht war auch die Menge an Depeche Mode Shirts an diesem Wochenende in den Straßen von Köln. Den guten Ruf, den Depeche Mode mittlerweile als Liveband genießen, teilte sogar unser Lieblingskneiper beim abendlichen Rausschmiss, obwohl er sie selbst noch nie live gesehen hat. So ändern sich die Zeiten. 

Etwas deutsch-deutsche Zeitgeschichte gab es für uns am Nachmittag im gleichnamigen Haus der deutschen Geschichte in Bonn. Sehenswert und beeindruckend. Ein Pflichtbesuch für alle, vorallem aber empfehlenswert für Menschen mit ausgeprägten Demokratiedefiziten. Für den geneigten Depeche Mode Fan, gibts dazu noch ein kleines "Sounds Of The Universe - Light".

Am Konzerttag wurde die Termindichte langsam unerträglich. Den verkaufsfördernden Wohnwagen, der heute irgendwo außerhalb beim Fernsehturm stand, ließen wir kurzerhand links liegen. 

Nach dem obligatorischen Dombesuch wollten wir zunächst einfach nur durch die Schaufenster blicken, hinter denen knapp drei Stunden später Anton Corbijn seine Depeche-Mode-Bücher signieren wollte. Als wir ankamen, war die Warteschlange schon knapp 30 Leute lang. 

So cancelten wir unsere weiteren Tagespläne und stellten uns gleich mit an. Wir wollten ja nichts verpassen! Um so schöner war es dann, als uns einer der Wartenden, ein Kollege aus Thüringen, doch unseren eigenen Aprilscherz aus den Sozialen Medien zitierte. Und wir schafften es sogar bis in die Kölner Rundschau.

Die Autogrammstunde war top organisiert. Anton traft pünktlich 14:00 Uhr ein und war sichtlich beeindruck vom hohen Zuspruch, dass er gleich selbst zur Kamera griff, um die inzwischen stark angewachsene Meute selbst zu fotografieren. 

Auf der zu unterschreibenden Buchseite wurde ein Post-It eingeklebt, damit der Herr Künstler nicht allzulang blättern muss, und wenn man eine persönliche Widmung wünschte, wurde dies darauf vermerkt. 

Um Anton herum wuselten allerhand Helferlein, die ihm die Bücher reichten, sie ihm wieder wegnahmen und zwischendurch von allen Fans ein Foto vom Momentum Signature machten. Einem holländischen Landsmann(!), der genau vor uns an der Reihe war, bescheinigte Anton am Ende recht humorvoll, ein sehr gutes Englisch zu sprechen, so aufgeregt war der arme Kerl.

Mein Autogramm ist zufällig auch ein ganz besonderes, da der Herr Wegnehmer etwas hastig war, und Anton dadurch einen großen schwarzen Strich in meinem Buch fabrizierte. Wir drei nahmen die Sache mit Humor und Anton und ich waren uns einig, dass diese Unterschrift wohl ziemlich unique sei. Also freundlich bedankt und ab zum Konzert.  

Wie wir später noch erfahren sollten, gab es in der Lanxess-Arena die komplette 2024er Kollektion an Tourbechern. Quasi dieselben wie letztes Jahr, nur alle mit der korrekten Jahreszahl.

Diese wurden Angeblich nur leer verkauft, denn das Bier, was da eigentlich rein sollte, gab es nur im original Lanxess-Becher. Die Kombination durfte man also nur zusammen erwerben. Der Lanxess-Becher wurde dazu in den Memento Mori Becher hineingestellt. 

Angeblich gab es auch noch einen Sondermerchstand mit den Restbeständen aller vier Wohnwagentage. Da wir aber im Goldenen Zirkel eingepfercht waren, konnten wir beides nicht überprüfen. Dafür lernten wir zufällig den Chemnitzer Travel Bunny Matze kennen. Ein sympathischer Typ, der Til Schweiger zum Verwechseln ähnlich sieht!

 
Als das Hallenlicht wieder an ging, erspähten wir noch Band-Intimus Daryl Bamonte im Publikum. Als er bemerkte, das wir ihn erkannten, winkte er uns zu sich und wir unterhielten uns kurz über seine diesjährigen Konzerterlebnisse, die unterschiedlichen Mitglieder von Pink Floyd und die Vorzüge kurzer deutscher Vornamen. Seine Begleitung war an diesem Abend Katia Giampaolo, eine italienische Nachtclubbesitzerin aus Bologna. Amore, meine Stadt!

Als offiziell eigenen Tourneeabschluss genossen wir mit Doreen, Alex und André noch ein paar finale Getränke vorm Späti. Anfang April saßen wir um Mitternacht bei milden Temperaturen im Freien, sinnierten über unsere jahrzehntelange Liebe zu dieser Band und ließen diese sensationelle Tour nochmal leicht sentimental Revue passieren. Gemeinsam wurden wir uns ganz schnell einig, diese Tour war sowohl für uns, als auch für die Jungs ein voller Erfolg!

WAS LERNEN WIR NUN DARAUS?

Auch wenn wir dieses Mal nicht das Glück hatten, beim geheimen Auftaktkonzert dabei gewesen zu sein, erlebten wir elf sensationelle Konzerte in fünf Ländern. Wir haben wieder so viel von Europa gesehen und so viele Typen getroffen, man müsste den Text hier fast auf Englisch schreiben. 

Ein Kozert war besser als das Andere. Depeche Mode selbst, beginnen langsam zu verinnerlichen, dass sie inzwischen ein ziemlich bedeutender Teil der weltweiten Rock'n'Roll History sind, auch wenn Dave es immer noch mit seiner "irreparablen Fingerfehlstellung"*(Zitat) versucht, zu karikieren. 

Ihre klassische Rockshow ohne jeglichen Firlefanz, ist eine Verbeugung vor ihren musikalischen Ahnen und mittlerweile auch ihrer ganz eigenen Legacy. Sie inspirieren sich und uns stets aufs Neue, so dass wir uns dem tagelangen körperlichen Schmerz durch das ewige Stehen, dem ewigen Pfeifen im Ohr und der auffällig kratzenden Stimme immer wieder bereitwillig aussetzen. Das nimmt man liebend gern für sie in Kauf.

Die Setlist folgt einer äußerst stimmigen Dramaturgie, die sich wellenförmig aufbaut, um Dave genügend Erholungsphasen zu gönnen, um am Ende in einer fulminanten Zugabe zu enden. 

Sehr herzlich, aber nie übertrieben und schmalzig waren die Trauerbekundungen für Fletch. Sein Gehampel und Geklatsche fehlten uns trotzdem. Die Jungs haben nichts eingebüßt an Intensität und Bühnenperformance - im Gegenteil. Das Fehlen von Andy scheint sie geradezu anzuspornen. 

Die erhoffte Überraschung beim Abschlusskozert blieb zwar aus, dafür waren "World In My Eyes" und "Behind The Wheel" gemeinsam im Set. Ein letzer Armeschwenker bei "Never Let Me Down Again", ein letztes Reachout am Touchdave. Was für eine geile Zeit!

Die beiden Faltengesichter verabschiedeten sich von uns ebenso herzergreifend:

Dave: I think before we start this […] Martin and I want to thank Pete and Christian especially, of course, for being part of what we’ve just been doing for the last year…

Martin: Or more.

Dave: Or more, yeah. And most importantly the road crew, all the road crew, everybody, all of them. There’s like a hundred people that make this thing happen every night.

And it’s really been a special tour. You know we had, obviously, challenges at the beginning: We lost our friend. And Martin and I decided to carry on and make this record.

And we did the tour, and I’m glad we did. Anyway, most importantly, I want to thank you all for being with us all these years. It really means a lot to us. Thank you so much.

Eine sehr bewegende Rede. Wie man unschwer übersehen konnte, für beide Seiten. Dann wars's das. Aus. vorbei. Und wir liegen ihnen selig dankend zu Füßen. 

Sie sind alt, sie sind faltig. Man sieht, dass "die Blätter langsam fallen", wie Martin in "Soul With Me" so vorausschauend postuliert. Ob sie je wiederkommen bleibt ungewiss.

Aber bis dahin sind sie einfach immer noch das Geilste, was die Musikgeschichte je hervorgebracht hat...


#haf_investigativ #haf_informativ #lindapleaseunblockme #garantiertKIfrei #vielmeinungwenigahnung #senfdazu #diedepechemodepilgerkarte
 
(STX)
Fotos: Screenshots, BRAVO, Pinterest, Youtube, The Real Fans (M. Steinbach, K. Steinbach, D. Steinert, M. Sonntag, H. Wiedemann)

Kommentare

  1. Danke für die tollen Worte, mega geschrieben und ja... es hat mich einfach wieder in die tolle Zeit mit euch und der Band zurück versetzt 💪👌👏😇

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  2. Wow, was für eine beeindruckende Reise. Welche glücklichen und sich tief in das Gedächtnis einprägende Momente. Dank an alle Beteiligten. Und ja, ich war dabei. Unglaublich!

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