"Let Me Take You On A Trip..." - auf den Spuren unserer Depeche Mode Pilgerkarte (Teil 1: Portugal)

Landkarten spielten im Ouevre von Depeche Mode immer mal wieder eine Rolle, nicht nur die in Stücke zerrissene aus dem Text von "And Then..." oder die vom Cover der "Never Let Me Down Again"-Single. Aber die Jungs bereisten die Welt ja nicht nur lyrisch. 

Leider weiß ich nicht mehr genau, wann wir zum ersten Mal die Idee hatten mal nachzuforschen, wo denn am Ende die Herren in über 40 Jahren des Bandbestehens so alles zugegen waren. 

Klar hatten wir uns früher zu DDR-Zeiten hin und wieder gefragt, wie es denn in solchen Lokalitäten wie der Eilenriedehalle, der Ostseehalle oder der Phillipshalle so aussehen täte, und vorallem, wo diese Hallen denn genau stünden, wenn man von ihnen in den in schwarz/weiß abfotografierten BRAVO-Artikeln so las. Faszinierend fanden wir natürlich auch den Schrottplatz aus "Stripped", der ja irgendwo in Westberlin liegen musste. Ostautos zerkloppen, das hätten wir damals auch gern gewollt. 

Spätestens mit den optisch recht eindrucksvollen Corbijn-Videos kam der Gedanke, diese vielfältigen und interessanten Orte doch auch einmal bereisen zu können. Ob das Pasadena Pennebakers, Paris, New York, eine wild-verwegene Westernstadt oder ein Autokino im amerikanischen Nirgendwo. 

Irgendwie geriet der Wunsch dann trotz der für uns segensreichen Wende für viele viele Jahre in Vergessenheit. Letztendlich war es das Bühnenvideo zu "Walking In My Shoes" auf der Global Spirit Tour, was uns veranlasste, der ganzen Sache wieder tiefer auf den Grund zu gehen. 

Was war zu sehen? Die Hauptperson des Videos spaziert durch irgendwie vertraut wirkende Straßen, trinkt einen Kaffee in einem Café, was eine "hausgemachte Linsensuppe" für 4,50 € anpreist und verschwindet hernach hinter einer zwielichtigen Clubtür. War da nicht auch ein Straßenschild zu erkennen? "Bürknerstraße", aha! Unsere Neugier war wieder geweckt...

Mit zahlreichen Recherchen in diversen Fangruppen, im Internet und ausreichend Geduld, auch mal stundenlang über Maps, Earth und StreetView zu brüten um Lichteinfall und Blickwinkel zu vergleichen, konnten wir für unsere potenziellen Reiseaktivitäten mittlerweile eine stattliche Landkarte zusammenbasteln, die neben fast allen von Depeche Mode bespielten Konzerthallen auch nahezu alle Schauplätze der offiziellen Videos und etlicher Fotosessions beinhaltet. 

Was aber wäre so eine Karte, wenn man sie nicht auch nutzt. Uns so begab es sich, dass neben diversen Konzertreisen in bei Depeche Mode besonders beliebte Städte, nun auch der Familienurlaub nach Depeche Mode geplant wurde. Schließlich ist man mit den Jungs ja irgendwie auch schon so etwas wie verheiratet...

Ein besonders inkonisches Exemplar an Video ist dabei natürlich "Enjoy The Silence". Das Video, wo Dave als einsamer König diverse Plätze innerhalb Europas bewandert. An den zunächst zu sehenden, schottischen "Loch Muick" haben wir uns leider noch nicht verirrt, dafür aber an die felsigen Gestade der portugiesischen Algarve. 

 
Ab Minute 2:25 spaziert Dave mit seinem Liegestuhl am Strand "Praia de Prainha" entlang, nahe der Stadt Portimao. Markant identifizierbar durch die Felsformationen im Hintergrund. Ein Platz, der auf einer riesigen Algarvekarte nahezu unauffindbar wäre, ohne entsprechende Hinweise. Zum Glück hatten wir die, da der Strand in einigen Foren bereits bereist worden ist. Ganz nebenbei ist dies auch eine äußerts attraktive Urlaubsregion, da sich neben dem zerklüfteten Strand gleich noch ein langgedehnter flacher Sandstrand anschließt, der zu allem Überfluss noch von zahlreichen beliebten Strandbars gesäumt wird. Eine Art Paradies quasi, und das nicht nur für einen Depeche Mode Fan. 

Meine Beobachtungen vor Ort ergaben jedenfalls, dass sich nahezu 100% der Besucher nicht bewusst sind, welch musikhistorisch bedeutsamen Punkt der Erde sie hier besuchen. Ein Foto von der Klippe, auf der Dave oben steht, machten sie am Ende alle. Selbst das genau daran angrenzende Hotel weiß in diesem Punkt von Nichts, was aber nicht weiter verwundert, da die Beliebtheit britischer Indiepopbands in diesen Breitengraden nicht gerade besonders ausgepägt zu sein scheint. Die Clubbeschallung erfolgt nahezu endlos und ganztägig mit schluffigen Bossa-Nova-Versionen der berühmtesten Hits der Weltgeschichte. So konnten wir uns also ungestört unserer Depeche Mode Expedition widmen. Und um dem Ganzen nicht noch die Krone aufzusetzen, habe ich nur meine bewährte Kappe benutzt.

Was im Video wirkt wie das einsamste Idyll auf Mutter Erde, liegt inmitten einer gut besuchten Appartment-Ferienanlage. Der Sandstrand, auf dem Dave seinen Liegestuhl aufbaut, ist von zerklüfteten Felsformationen eingefasst und strahlt gegenüber seinem aalglatten, kilometerlangen Bruder knapp 200 Meter weiter, eine nahezu wildromantische Aura aus. Dementsprechend beliebt ist dieser Abschnitt beim sonnenhungrigen Pärchenpublikum. Der Gezeitenhub ist hier recht überschaubar, so dass man ganztägig baden kann. Allerdings ist der Strand an dieser Stelle nicht bewacht. 

Am oberen Rand der Klippe wurde kurzerhand noch ein Pool ins Gestein eingelassen. Baden mit recht netter Aussicht also. Ebenso fällt auf, dass es hier vor über 30 Jahren auch noch wesentlich grüner war, auch wenn das Video sowieso in den kühleren Monaten Dezember oder Januar gedreht wurde. 

Zuerst begegnet uns Dave mit dem Stuhl auf dem oberen Strandabschnitt. Dort ist mittlerweile auch etliches eingebrochen oder anderweitig der Erosion anheim gefallen, so dass man den Weg nicht mehr ganz ungefährlich beschreiten kann.

Danach sieht man ihn auf zwei verschiedenen Klippen stehen. Von einer davon, wurde die erste Aufnahme gemacht. 

Hernach steigt er die Treppen zum Strand hinab um nach einigen weiteren Schritten durch den Sand am Gestade der tosenden Brandung seinen Stuhl aufzubauen. Markant zu erkennen an dem im Fels klaffenden Loch. In seinem Rücken findet man wie zufällig eine Seafood-Gaststätte der gehobenen Preisklasse, die in halber Höhe in den Fels eingelassen wurde. 

 
Was leider nicht mehr aufzufinden ist, ist das Portal mit den zwei Durchbrüchen, an denen Dave seinen Stuhl vorbeischleppt. Da es aber noch einen Torbogen gibt, der dem im Film sehr ähnlich sieht, könnte die zweite Hälfte bereits vom Meer dahinerodiert worden sein.
 

Ein wahrlich königlicher Platz zum Verweilen und Innehalten!

Wenn wir nun schon mal in Portugal sind, erinnern wir uns doch auch an die markanten Mosaikböden von den Promofotos zu Daves erster Soloplatte "Paper Monsters". Für diesen optisch eindruckvollen Bodenbelag ist die portugiesische Hauptstadt Lissabon bekannt. Also prüften wir auch dort vor Ort, ob wir nicht die Plätze finden, an denen Dave von Anton so stilecht abgebildet wurde. 

Das eigentliche Coverfoto konnten wir leider nicht präzise lokalisieren, dafür aber viele Bilder aus dem Booklet oder der begleitenden Promoaktion. 

Die drei von uns identifizierten Plätze befinden sich direkt im altstädtischen Zentrum von Lissabon, auf und um den "Platz der Restauratoren" herum. Der Name bezieht sich nicht, wie zunächst vermutet, auf die maßgebenden Personen am Wiederaufbau nach der Zerstörung durch das Erdbeben und den großen Tsunami im Jahre 1755, sondern soll an den Unabhängigkeitskrieg von Spanien 1640 erinnern.

Das Dave mit seiner Soloplatte hoch hinaus will, kann man ganz gut in die Bilder hineninterpretieren. So finden wir Dave zum Einen am Fuße des "Elevador da Glória", einer Art uriger und mit Holz und Messing ausgekleideter Straßenbahn, die die zahlreichen Besucher ziemlich rustikal auf einen der sieben Hügel der Stadt hoch bringt. Was in Anbetracht der Steigung der Straße dann doch relativ bequem ist, gegenüber dem Hinaufgehen zu Fuß.


Das nächste Foto wurde direkt am Fuße des "Elevador de Santa Justa" gemacht, diesem großen gusseisernen Fahrstuhl, den man von dem einen oder anderen Tourismusprospekt über Lissabon kennt. Man erkennt es an dem markanten Zebrastreifen und dem Geländer. Auch hier dient der Apparat dazu, den innerstädtischen Höhenunterschied zu bewerkstelligen. 

 
Bekanntestes Bild der Reihe ist jedoch das, was direkt am Obelisken auf dem "Platz der Restauratoren" gemacht wurde, Blickrichtung Süden. Man erkennt im Hintergrund links und rechts die beiden 5-Sterne-Hotels der Avenida Gruppe, und natürlich auf dem Fußboden das fantastische markante Mosaik. 

Nun sollte man seinen Portugal-Urlaub wirklich nicht von unserer Depeche Mode Pilgerkarte abhängig machen. Ein Besuch lohnt sich natürlich unabhägig von Plätzen, auf denen die Jungs schon mal ihre Füße gesetzt haben. Das Land ist himmlisch, und allein für Sonne und Sangria lohnt sich die weite Anreise, dazu sind die Menschen dort auch echte Schätze.  

(stx)

Fotos/Videostills: Privatarchiv Steinbach; Depeche Mode/Anton Corbijn/Martyn Atkins 




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